Was seit vielen Jahren in Kopenhagen und London angesagt ist, kann auch in Berlin zum Erfolg führen – dachten sich die dänischen Betreiber der Restaurant-Gruppe Sticks’n’Sushi und eröffneten ihre erste Dependance auf deutschem Boden. Als Standort für ihr inzwischen 18. Restaurant wählten sie das ehemalige Tagesspiegel-Verlagshaus an der Potsdamer Straße, einer Gegend, die neuerdings bei Feinschmeckern und Galeristen „im Kommen“ ist und sich vor Neueröffnungen kaum retten kann. Dort wird nun japanisches Essen mit skandinavischen Einflüssen serviert.

Obwohl mir Sticks’n’Sushi nichts sagt, stehe ich dem Besuch reserviert gegenüber. Ernüchternde Erfahrungen mit einer international gefeierten japanischen Restaurantkette machte ich bereits mit Robert de Niros „Nobu“ in New York.

Meine Vorbehalte lege ich zur Seite und entführe meine Freundin in den neuen Hotspot der Stadt. Wenige Stufen hinaufsteigend stehen wir im Empfangsbereich vor der großen offenen Küche, aus der uns unvermittelt das gesamte Team ein lautstarkes „Irasshaimase!“ entgegenschallt. Etwas peinlich berührt nehme ich wahr, dass es sich um einen japanischen Willkommensgruß handelt, der uns gewidmet ist. Jeder Neuankömmling wird auf diese Weise empfangen und für einen kurzen Moment unaufgefordert in den Mittelpunkt des Geschehens gestellt. Wow, das muss die herzliche Gastfreundschaft nach japanischer Art sein. Eventuelle Befangenheiten werden gleich am Eingang weggewischt und eine Wohlfühlatmosphäre geschaffen.

Meine Begeisterung steigt, als ich den Raum linksseitig der offenen Küche in seiner vollkommenen Pracht erblicke. Aus zwei miteinander verbundenen Etagen wurde ein imposanter, architektonisch beeindruckender Gastraum geschaffen, in dem sich Tische und Sitzgelegenheiten in diversen Größen und Stilen befinden. Eine großzügige Bar unweit der bodentiefen Fensterfront fängt neugierige Blicke von der Potsdamer Straße ab. Als Eye-Catcher dient zweifelsohne die imposante Wendeltreppe im hinteren Bereich des Raumes. Teilweise gesäumt von langen Vorhängen führt sie in die obere Galerie mit weiteren Sitzplätzen. Der Einsatz unaufdringlicher Farben sowie vereinzelter Lichtelemente unterstreicht das anspruchsvolle Designkonzept des Restaurants. Was hier geschaffen wurde, ist eine Meisterleistung.

Die Auswahl der Gerichte überfordert mich. Zum ersten Mal bin ich über eine bebilderte Speisekarte dankbar, die wohlgemerkt nicht wie ein Touristeninfoblatt daherkommt, sondern optisch geschmackvoll gestaltet ist. Geboten werden neben Sushi und diversen kleineren Gerichten auch Yakitori-Spieße, kleine gegrillte Leckerbissen, die sich hinter dem Namen „Sticks“ verbergen. Fleischfanatiker und Vegetarier kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Ob Tatar vom Wagyu, Spareribs oder gegrilltes Gemüse wie Topinambur, Blumenkohl und Kräutersaitling – alle Vorlieben werden bedient. Wer sich gar nicht entscheiden kann, wählt gleich eine gemischte Schlemmerplatte und verschafft sich einen ersten Überblick. Auch wir probieren uns durch und erhalten innovative Gerichte, kreativ angerichtet und fein abgeschmeckt. Großartig finde ich das Thunfisch-Tatar, welches zwar etwas weniger Avocado vertragen könnte, aber in Kombination mit Pinienkernen, Sesam und Ziegenkäse köstlich schmeckt. Der flambierte Lachs mit Kizami Wasabi, Daikon und Shiso ist ebenfalls empfehlenswert wie auch die knusprigen Jakobsmuscheln mit Forellenroggen und Miso-Aioli. Enttäuscht bin ich dagegen vom Algensalat für geschlagene 6 EUR – kaum Alge, dafür viel Radieschen und Tomate, was für mich geschmacklich nicht zusammenpasst. Die Auswahl der gegrillten Yakitori-Sticks ist groß. Ausgezeichnet schmecken die mit Speck umwickelten Jakobsmuscheln, die Miso-Makrele sowie der Lachs-Teriyaki. Im Vergleich dazu kommen der kostspielige Kabeljau, das Lamm T-Bone sowie der Spargel mit Bacon bescheiden daher. Gerne hätte ich die Entenherzen gekostet, allerdings sind sie nicht verfügbar. Trotz kleiner Schwächen sind die Gerichte innovativ und die Produkte qualitativ hochwertig. Kein Wunder, schließlich verantwortet Song Lee die Küche. Zuvor hat er unter anderem im avantgardistisch-koreanischen Restaurant DAE MON von sich reden gemacht hat und wurde 2015 von der Jury der Berliner Meisterköche zum „Aufsteiger des Jahres“ nominiert. Das Team in der offenen Show-Küche ist bestens eingespielt. Es geht entspannt zu, dennoch kommen die Speisen im sagenhaften Tempo an den Tisch. Die aufmerksamen Servicekräfte bleiben dabei stets lässig und herzlich und lassen sich Zeit bei der Beratung und Erklärung der Gerichte. Ihre Fachkenntnis zeigt sich auch bei der der Wahl der Getränke – der uns empfohlene Wein aus der gut sortieren Karte ist das i-Tüpfelchen eines gelungenen Abends. Schon bald hole ich mir mein nächstes „Irasshaimase!“ ab!