„Datschenkaufen ist im Mittelschichts-Lebenslauf nicht vorgesehen“, hab ich mal in der Zeit gelesen. Das habe ich mit einiger Verwunderung und auch Interesse gelesen, da wir uns gerade für eine Datsche oder Laube beworben hatten. Gerade in Berlin ist ja das große Glück aus dem Bilderbuch, ein schönes Haus im Grünen mit einem Garten, netten Nachbarn, die mit Setzlingen über den Gartenzaun behilflich sind, schon lange ein Traum, der durch steigende Immobilienpreise auch für viele aus der Mittelschicht unerschwinglich geworden ist.
Ich mag unsere Berliner Stadtwohnung, aber ich bin auf dem Land groß geworden und ich vermisse Erde unter den Fingernägeln und bei allem Berliner Hipstertum, ja, auch ein wenig Spießigkeit. Irgendwo ein Fleckchen grün, wo man nicht erst einen Ausflug hin unternehmen muss, wo dann ganz viele andere Berliner mit ihren Picknickdecken und Fahrrädern schon da sind.
Inzwischen haben wir uns in der Laubenkolonie in der Nähe vom Tegeler See vorgestellt und erzählt, was wir für eine tolle Familie sind und wie wir großartig in den Verein passen. Mein Mann hat aus früher Jugend einen Facharbeiter-Abschluss als Elektriker und ich kann nähen. (Sonstige Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Online-Redakteurin sind im Vereinsleben eher nebensächlich.) Man muss also zeigen, dass man willens und in der Lage ist, sich einzubringen und anzupassen, muss sich mit dem Verkäufer einig werden, der ganz andere Vorstellungen hat, was seine 50 Jahre alte heißgeliebte Laube noch wert ist, andere Bewerber aus dem Feld schlagen und dann unterschreiben.
Als wir die Unterschrift geleistet haben über einen Betrag, für den andere Berliner auf die Malediven fliegen, hatte ich anschließend so ein ganz merkwürdiges Gefühl im Magen und ich musste feststellen, es war Glück! Ich lese jetzt Artikel über Datschen-Fußböden mit Feuchtigkeitssperre, wovon ich nicht mal wusste, dass es sowas gibt und Berichte über die Vorteile diverser Dachpappen. Ich suche in Gedanken Vorhänge aus und überlege, welches Geschirr ich wohl mitnehme. Und wenn ich bei nassem Wettere im Bett liege, denke ich an blühende Forsythien, Rosen und Hortensien, die freilich erst einmal gepflanzt werden müssen. Nur weil ich eine tolle Balkongärtnerin bin, heißt das nicht, dass ich auch als Datschengärtnerin unter den kritischen Blicken aus den Nachbarparzellen bestehen kann.
Klar, man wird im Freundeskreis gefragt, ob man sich diese Arbeit aufhalsen will, aber wir stellen in unserem Umfeld fest, dass bei etlichen Laubenkolonien in Berlin gerade ein Generationswechsel stattfindet und immer mehr junge Familien Lust haben auf diese Minioasen, die mit eingerissenen Fingernägeln, Mückenstichen und Schlepperei zu tun haben, aber eben auch mit Buddelkisten, Apfelbäumen und selbst gemachter Marmelade. Wir freuen uns drauf!