In diesem Jahr nehme ich Valentinstag zum Anlass, meinen Mann mit einem Gourmetdinner zu überraschen. Zugegeben, nicht ganz uneigennützig, denn ich suche mir hierfür das „Richard“ aus, welches wir 2015 das letzte Mal besucht hatten. Noch ohne Michelin-Stern war es damals mein Geheimtipp in der Berliner Gourmetszene. Ich bin also neugierig zu erfahren, wie sich das nun „besternte“ Restaurant entwickelt hat.

Wie so oft, wenn es ins „Richard“ geht, schaut der Taxifahrer verwundert in den Rückspiegel. Südliche Köpenicker Straße in dem Outfit und um diese Uhrzeit? Da ist doch ein Industrie- und Gewerbegebiet und sonst nix! Stimmt, das Restaurant befindet sich „ab vom Schuss“. Restaurantchef und Namensgeber Hans Richard wird gleich mehrere Gründe gehabt haben, die denkmalgeschützten Räumlichkeiten am Rande von Kreuzberg für sein gastronomisches Projekt auszuwählen. Der Schweizer Maler – ja, Hans Richard studierte Malerei – kann sich in dem historischen und architektonisch interessanten Gastraum auch künstlerisch austoben. Und bei der Inneneinrichtung beweist er guten Geschmack. Der dunkle Holzboden steht in Kontrast zu den weißgedeckten Tischen; von der mächtigen dunklen Kassettendecke hängen vom Gastgeber persönlich entworfene Glaskugeln, die teilweise als Leuchtmittel dienen. An den reinweißen Wänden werden kontemporäre Bilder in Szene gesetzt.Durchbrochen wird das puristische Interieur durch eine riesige, freistehende Kupferwand. Hier trifft Klassik auf Moderne – stilvoll, elegant, ästhetisch. Diese strikte Linie setzt sich auch in der Küche fort, wo französisch inspirierte Gourmetküche modern und kreativ umgesetzt wird.

Herzlich werden wir empfangen – man erinnert sich trotz längerem Verbleib an uns. Zum Aperitif trinken wir den vorzüglichen Crémant, wählen sieben der acht angebotenen Gänge nebst Weinbegleitung. Mein Wunsch, die Nachspeise durch einen kleinen herzhaften Gang aus dem vegetarischen Menü zu ersetzen, führt zu einer längeren Diskussion zwischen dem Service und uns, wohlgemerkt den zahlenden Gästen. Es trübt nicht nur die Stimmung auf beiden Seiten, sondern insgesamt unseren Abend, denn trotz höflicher Freundlichkeit fehlt dem Service von nun an die gewohnte Herzlichkeit. Am Ende erweist sich die Auseinandersetzung als völlig unnötig, denn mein Wunsch wird unkompliziert erfüllt.

Was uns jedoch bis zum Finale geboten wird, ist wie gewohnt von Meisterhänden zubereitet. Die Hauptkomponenten der Gänge sind auf den Punkt gegart. Ob pochierte Wildauster, geflämmte Dorade oder der lediglich von Januar bis Ostern erhältliche Winterkabeljau namens Skrei – an der Zubereitung ist nichts auszusetzen. Da steht jemand in der Küche, der es versteht mit hochwertigen Produkten umzugehen und sie perfekt zu kredenzen. Mir fällt aber auf, dass die Nebenspieler auf den Tellern, die Beilagen, dieses Mal eher bescheiden bisweilen auch langweilig sind. Oder sie werden so homöopathisch dosiert, dass sie schlichtweg untergehen – insbesondere, wenn Saucen im Spiel sind. Die Terrine vom Foie Gras ist qualitativ erstklassig und spannend klingt sie in Kombination mit grünem Apfel und Pistazie – noch interessanter wäre sie, wenn etwas mehr grüner Apfel und Pistazie zu schmecken wäre. Beim Artischocken-Risotto geht man zu sparsam mit den Artischocken und den Gewürzen um. Auch das süße Finale des Menüs meines Mannes aus Schokolade, Kaffee und Karamell, haut ihn nicht vom Hocker. Die Stärke an dem Abend liegt zweifelsohne bei den begleitenden Weinen. Diese sind wieder einmal perfekt abgestimmt und vorzüglich.

Vielleicht haben wir einfach Pech mit dem angebotenen Menü, welches monatlich wechselt. Just zum heutigen Abend wurde es ausgetauscht. Sicherlich durchläuft es eine erste Testphase und an den Feinheiten wird noch geschliffen.

Auch wenn diesmal keines der Gerichte in fortbestehender Erinnerung bleibt, wissen wir um die beständige Qualität des Restaurants und werden wiederkehren. Beim nächsten Mal allerdings um ein anderes Menü zu genießen.